Jacob Mischehen

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Mischehen

Höhlenbewohner,
Troglodyt. Das Edomiterland ist voll von Höhlen, die
als Wohnstatten benutzt wurden, wie der Kirchenvater Hieronymus noch aus
seiner Zeit berichtet Infolgedessen heißt ein Mensch Horiter nur an Ort
und Stelle,
niemals außerhalb dieses Landstriches, so wie man einen Bauern,
der in die Stadt gezogen ist, nicht mehr einen Landbewohner nennen kann. Die
Abkunft
des einzelnen Horiters war eine andere Sache. Es ist nun von außer¬
ordentlicher Tragweite, zu erfahren, daß Zibeon, also auch sein Vater Seir,
und überhaupt das ganze Geschlecht der Abstammung nach Hiwiter,
also
Kanaaniter
waren.
Demnach konnte es auch von Aholibama heißen, daß
Esaa sie von den Töchtern Kanaans genommen habe.
Aber wir gehen weiter und fragen: sollte es nicht möglich sein, genauer
zu bestimmen, aus welcher Gegend Kanaans diese Familie Seir in das nach ihr
benannte Bergland gekommen ist? Hiwiter und Hititer waren kanaanitische
Volksstämme, die, wie schon in der Völkertafel bemerkt worden war, weithin
zerstreut saßen. So finden wir in späterer Zeit Hiwiter selbst im hohen Norden
am Hermon. In der vormosaischen Zeit gibt es außer Zibeon nur noch Eine
einzelne Person, die als Hiwiter bezeichnet wird: der uns aus der Geschichte
Dinas bekannten Hamor, Vater des Sichern. Er heißt „Fürst des Landes"
und spricht auch als solcher, muß also ein weiteres Gebiet, dessen Mittel¬
punkt die Stadt Sichern war, beherrscht haben. Von hier ist Seir ausgewandert
Dafür findet sich noch ein abgelegeneres Anzeichen. Am Schlüsse des
Buches Hiob wird erzählt, daß, nachdem das frühere Glück des Dulders wiederhergestellt war, alle seine Verwandten zu ihm kamen und ihn über das Un¬
glück, das Gott vordem über ihn gebracht hatte, trösteten, „und sie schenkten
ihm jeder eine Kesita
und einen goldenen Ring". Das Buch Hiob spielt im
Lande Uz, einer Landschaft Edoms, wie denn der erste Wortführer gegen
Hiob Eliphas aus Teman heißt, zwei Namen, die aus unserem Kapitel ent¬
nommen sind. Das Wort Kesita, das offenbar eine Münze bedeutet, kommt nur
noch einmal in der Bibel vor: als Jakob heimgekehrt war, siedelte er sich
bei der Stadt Sichern an und kaufte ein Stück Feld von den Bene Hamor, des
Vaters von Sichern, um hundert Kesita.
Nun hatte es unmittelbar vorher
geheißen: „und Jakob kam als friedlicher, redlicher Mann nach der Stadt
Sichems" und dasselbe bezeugt Hamor, der Fürst des Landes, den Ankömm¬
lingen in der Ratsversammlung seiner Stadt: „diese Leute gehen redlich mit
uns um, mögen sie im Lande bleiben und darin Handel treiben". Um des¬
willen wird der Grundstückskauf erzählt. Er soll Zeugnis für die Ein-

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Jakobs
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und
damit
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B. Jacob

vereitelte er eine Empfängnis. Da tötete Gott auch ihn, weil das was er getan
hatte mißfällig war. Hierauf sprach Juda zu Tamar: warte als Witwe im
Hause deines Vaters, bis mein Sohn Schela erwachsen ist; er fürchtete näm¬
lich, daß auch dieser sterben könne. Nach einiger Zeit starb das Weib Judas
und nachdem die Trauerzeit vorüber war, begab er sich zum Fest der Schaf¬
schur. Als dies Tamar berichtet wurde, tat sie ihr Witwenkleid ab und setzte
sich verschleiert an den Weg. Hier wurde sie von Juda bemerkt, und da er sie
für eine öffentliche Dirne hielt, redete er sie als solche an. Sie aber ließ
sich als Pfand für ein später zu sendendes Geschenk drei Dinge einhändigenseinen Ring, seine Ehrenschnur und seinen Stab. Dann begab sie sich nach
Hause, tat wieder ihr Witwenkleid an und war für den Boten Judas nicht mehr
aufzufinden. Nach etlichen Monaten ward dem Juda berichtet: deine Schwie¬
gertochter hat gebuhlt und ist schwanger! Da sprach er: man führe sie
hinaus, daß sie verbrannt werde! Schon war sie auf dem Wege zum Richt¬
platze, da sandte sie an Juda eine Botschaft: von dem Mann, dem diese Gegen¬
stände gehören, bin ich guter Hoffnung, erkenne, wem Ring, Schnur und
Stab gehören! Da sprach Juda: sie ist edler als ich! Warum habe ich ihr nicht
meinen Sohn Schela gegeben! Tamar aber gebar Zwillinge, den Perez und
den Serach.
Was ist der Sinn dieser Erzählung? Indem die Kritiker, anstatt das
Kapitel aus ihm selbst und den Zusammenhängen und Absichten des Buches
zu erklären, darin nach Stoff für historische, literar- und rehgionsgeschichtliche Konstruktionen suchten, haben sie es gründlich verkannt. Die Person
der Tamar wird als eine Art umgekehrter Medea aufgefaßt: sie will ihr Recht,
sie schreit nach einem Kinde, und in ihrer Frauenwildheit ist ihr jedes Mittel
recht, geht sie über Sitte und Gesetz hinweg, scheut selbst Blutschande nicht
und setzt Ehre und Leben aufs Spiel. In Wirklichkeit ist diese vermeintlich so
anstößige Erzählung im eigentlichen Sinne die Krone des Buches und Tamar
eine der herrlichsten Frauengestalten.
Der Sinn und Zweck des Kapitels muß aus seinem Schlüsse zu erkennen
sein. Es läuft auf Perez hinaus, dieser aber ist der Ahnherr Davids
und
des judäischen Königshauses. An Perez wiederum knüpft das Buch Rut
als beabsichtigte Fortsetzung an, um mit dem Namen Davids zu schließen. Es
erinnert sich auch an Tamar und Juda und weiß für Rut bei ihrer Verlobung
mit Boas keinen höheren Segenswunsch, als daß ihre Ehe jener gleichen möge.
Und das mit Recht.

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Mischehen

2. Mit seiner Aufforderung an Onan, den zweiten Sohn, hat Juda die
sogenannte Schwagerehe
(Levirat, von dem lateinischen „levir" Schwager)
ins Leben gerufen, die dann von der mosaischen Gesetzgebung zu einer israe¬
litischen Einrichtung erhoben wurde. Wenn ein Mann stirbt, ohne männliche
Nachkommen zu hinterlassen, so soll der Bruder des Verstorbenen eintreten und
die Witwe heiraten, um dem Toten Nachkommen zu erwecken und sein Haus
zu erbauen. Weigert er sich, so wird er von der Witwe in einer öffentlichen
Verhandlung gebrandmarkt. Sie zieht ihm vor den Ältesten den Schuh aus (das
ist die „Chaliza"), speit vor ihm aus und spricht: so geschehe dem Manne, der
nicht das Haus seines Bruders erbauen will! Und sein Name wird fürder in
Israel genannt: Haus des Schuhausgezogenen.
Das Gebot der Schwagerehe ist, abgesehen von allen praktischen Rück¬
sichten, eine ganz außerordentliche moralische Anforderung. Denn die Ehe
mit des Bruders Weib war sonst streng verboten. Sie war „Blutschande".
Die sioh bei allen Völkern findenden Verbote von Verwandtenehen sind eine
der schwierigsten Materien für eine ganze Reihe von Wissenschaften: für
Biologie, Ethnologie, Soziologie und Psychologie, für Theologie, Moral und
Recht. Welches auch immer die Gründe für diese Verbote sein mögen, so
lehrt die Erfahrung, daß, wenn sie einmal gelten, sie die stärksten seelischen
Hemmungen erzeugen, die es überhaupt gibt, so daß der Mensch vor nichts
entsetzter zurückschaudert. An diesem Schauder vor Inzest, der nicht Ur¬
sache sondern Wirkung ist, kann man vorzüglich die Kraft eines, nennen wir
es leiblichen, Verbotes studieren, wenn es als ein göttliches empfunden wird.
Allerdings würden die Verbote nicht solch widerspruchslose Zustimmung fin¬
den, wenn sie nicht in der moralischen Natur des Menschen begründet wären.
Es muß die moralische
Natur sein, weil das Tier diesen Schauder nicht
kennt, der vielmehr ein wesentlicher Unterschied zwischen Mensch und Tier
ist. Damit, daß die Verbote bei den verschiedenen Völkern verschieden sind, hat
es dieselbe Bewandtnis, wie mit den moralischen Geboten überhaupt, auch mit
dem Gottesbewußtsein. In unbestimmter Allgemeinheit ist es stets allen Völkern
gemeinsam gewesen, hat sich aber bei den verschiedenen Völkern sehr ver¬
schieden ausgeprägt Das ist eben der offenbarungsgemäße Vorrang der Bibel,
daß in ihr das Religiöse wie das Sittliche den reinsten, entschiedensten und
gültigsten Ausdruck gefunden hat. Und über dieses Gefühl soll der über¬
lebende Bruder sich hinwegsetzen? Wenn es die Thora aber unter gewissen

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B. Jacob

Umstanden dennoch verlangt, so muß das Verbot seinem Grunde nach von
solcher Art sein, daß es eine Ausnahme zuläßt und sogar fordert.
In allen heidnischen Rechten, auch wenn sie wie z. B. das romische in
diesem Punkte verhältnismäßig hoch stehen, ist es letzlich ein naturhaftes,
materielles Prinzip: das Blut, Ehe ist Blutmischung, daher man von „Bluts¬
verwandtschaft" redet. Aber die biblische Sprache drückt Verwandtschaft
niemals durch das Wort Blut aus. Das heidnische Gesetz ist ferner starr und
läßt keine Ausnahme zu, wie eben ein Naturgesetz. Die Billigung eines Inzestes,
aus welchem Anlaß auch immer, wäre dem Heiden undenkbar gewesen; es
konnte höchstens eine Sühne geben, nachdem er einmal geschehen war. Wo
es, wie von Indern und primitiven Völkern berichtet wird, etwas Ähnliches
wie die Schwagerehe gibt, müßte erst bewiesen werden, daß damit ein Ver¬
bot durchbrochen wird.
Die biblischen Verbote haben bestimmt nicht irgendwelche biologisch¬
mystischen sondern moralische Gründe. Den Ausgang bilden die drei Frauen
Mutter, Schwester und Tochter. Ich darf sie deswegen nicht heiraten, weil
ich zu ihnen von vorneherein ein anderes sittliches Verhältnis gehabt habe, mit
welchem Ehegemeinschaft unvereinbar ist. Hieraus sind alle Verbote abgeleitet
So sollen ebenso wie Mutter, Schwester und Tochter das Weib des Vaters, Bru¬
ders und Sohnes angesehen werden, weil Mann und Weib „Ein Leib" sind.
Allein es kann unter gewissen Verhältnissen noch ein höheres moralisches
Gebot geben: die brüderliche Liebespflicht gegen den Verstorbenen und sein
verödetes Haus, die Erhaltung von Leben.
Aber bei der Betrachtung der Schwagerehe vergißt man gewöhnlich, daß
die Sache noch eine andere Seite hat: ob die Frau will! Die Institution be¬
sagt, daß wenn eine Frau heiratet, sie schon darauf gefaßt sein muß, wenn
ihr Mann stirbt, das Weib eines der Brüder zu werden. Es ist also nicht bloß
der eine Mann, sondern die Familie und des Geschlecht, mit dem sie eine Ver¬
bindung eingeht Gezwungen kann sie zu dieser Ehe ebensowenig werden wie
der Bruder. Ist sie aber dazu bereit, dann beweist sie ihre Treue nicht bloß
gegen den Verstorbenen, sondern gegen das ganze Haus, das sie miterhalten
will, und verschmäht sie der Bruder, dann hat sie recht, wenn sie den Lieb¬
losen öffentlich brandmarkt
So hätte sich Tamar nach dem Tode Ers dem Bruder Onan verweigern
und für eine nichtgebundene Witwe halten können. Das tut sie nicht, sondern
stellt sich trotz der traurigen Erfahrung mit dem ersten Bruder dem zweiten

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Mischehen

zur Verfügung. Als auch dieser stirbt, nachdem er so schmählich an ihr ge¬
handelt, sagt sie sich noch immer nicht von diesem Hause los, sondern wartet
auf den dritten, und als ihr dieser vorenthalten wird, verlockt sie ihren
Schwiegervater zur Beiwohnung. Die Triebfeder von alledem kann nicht ge¬
wesen sein, daß sie durchaus ein Kind für sich haben wollte, denn dazu
hätte sie auch kommen können, wenn sie einen Mann aus einer für sie weniger,
verhängnisvollen Familie geheiratet hätte. Sondern sie ist sich der hohen Be¬
stimmung bewußt, die sie erfüllen sollte, indem sie in Judas Familie hei¬
ratete. Man muß die Wortkargheit der Schrift zu ergänzen wissen. Es kann
kein Zweifel sein, daß Juda, als er Tamar seinem ältesten Sohne zur Frau
gab, sie über seine Familie, ihren Beruf und die göttlichen Verheißungen
belehrte, und nachdem Rüben, Simon und Levi verworfen worden waren, hatte
er als der Nächste Grund, die Verheißung: „Könige werden aus deinen Lenden
hervorgehen" auf sich zu beziehen. Und Tamar hat begriffen, daß sie die
Stammutter der Könige werden soll und ist entschlossen, diesen Beruf zu er¬
füllen.
!
Wenn sie sich nun, nachdem ihr der letzte Sohn verweigert wird, an
den Vater hält, so tut sie nichts anderes als Juda mit der Schwagerehe vor-»
gehabt hatte, denn die Frau des Sohnes ist mir nicht näher verwandt als die
des Bruders. Juda ist, ängstlich geworden, auf halbem Wege stehen geblie¬
ben, sie aber hält in unerschütterlicher Treue fest und bindet ihn an sich mit
Ring, Band und Stab. An dem Siegelring ist diese Symbolik am deutlichsten:
„lege mich wie einen Siegelring an deine Brust, wie einen Siegelring an deinen;
Arm, wie einen Siegelring an deine rechte Hand". Mit Schnur und Stab aber
nimmt sie selbst das Szepter künftiger Königsherrschaft in Verwahrung, das
Juda fahren läßt So ist Tamar die würdige Nachfolgerin der Stammütter,
die alle nur in dem Gedanken an das kommende Geschlecht der Verheißung
leben, einer Sara, einer Rebekka, einer Lea und Rahel.
3. Ja, sie steht noch höher, weil sie ursprünglich eine Fremde
war. Ihre
Abkunft wird nicht angegeben, was um so gewisser Absicht ist, als bei dem
Weibe Judas das Umgekehrte geschieht. Ohne Zweifel war auch Tamar
eine Tochter von Kanaanitern, denn hatte Juda für sich selbst ein Weib von
ihnen genommen, wird er es auch für den Sohn getan haben. Daß sie nur
Tamar und nicht „Tochter eines kanaanitischen Mannes" genannt wird, soll
besagen: sie war eine Persönlichkeit,
die nur in ihr selbst ihren Wert
hatte. Diesen Wert hat ihr, ihre Empfänglichkeit für die erhabene Mission, die
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Mischehen

haupt keine Bander zeugen will und der zweite jedenfalls nicht für einen
Bruder. Der gleiche Ausdruck nämlich: „er war mißfällig in SEINEN Augen
und ER ließ ihn sterben" zeigt, daß bei beiden eine verwandte Handlungsweise
getroffen werden soll. Das gehört ebenso wie die Greuel von Sodom und Gomorrha zu den aus Lebensfeigheit und Egoismus geborenen ägyptisch-kanaanitischen Perversitäten und darum tötet sie der Gott, der Leben will. Wer Gottes
Schöpfer- und Lebenswillen vereitelt, verdient selber nicht zu leben. Mit Be¬
dacht war in den beiden Kapiteln 34 und 36 das Wort Gott gänzlich gemieden
worden. Das war die Gesellschaft, die ühre Verhältnisse ohne Gott bestimmte,
nur beherrscht durch Sinnlichkeit, Egoismus und Politik. Hingegen mußte
in dieser Erzählung gerade SEIN Name genannt werden. „Besudelt euch nicht
mit alledem, denn mit alledem besudelten sich die Völker, die ich vor euch
wegweise. So ward das Land besudelt, daß ich an ihm seine Schuld ahndete»
und das Land seine Bewohner ausspie. Denn alle diese Greuel taten die
Männer des Landes vor euch. Daß das Land nicht auch euch ausspeie, wie
es das Volk vor euch ausspiel — Meine Ordnungen haltet und meine Satzungen
wahret, darin zu wandeln, ICH euer Gott! So wahret denn meine Satzungen
und Ordnungen, die der Mensch
tue, daß er lebe. ICH!
Darum wird es gefügt, daß Juda selbst den Vorfahren der Könige zeugt,
von einer Frau zwar „fremden" Blutes, aber einer Israelstochter dem Geiste
nach, ihm nicht nur ebenbürtig, sondern wie er zu seinem Ruhme selbst be¬
kennt, an Hochsinn überlegen — wie öfter die besten Patrioten „fremd¬
stämmig" sind.
;
In ihre Fußtapfen tritt Rut. Auch sie ist fremden Stammes, aus Moab,
das selbst in „Blutschande" gezeugt war. Aber wieder siegt edler Sinn über das
Blut. Was Tamar gedacht, spricht sie aus: „Wo du hingehst, da will auch
ich hingehen, wo du weilst, da will auch ich weilen, dein Volk sei mein Volk*
dein Gott ist mein Gott." Hat sie sich einmal einem Hause Israels angelobt,
so will sie ihm treu bleiben bis in den Tod. —
Wir begreifen nunmehr die Wichtigkeit dieser Erzählung im Rahmen
der Genesis. Diese will die Ursprünge Israels darstellen, die Volksgeschichte
aber gipfelt in dem Königtum. Nachdem es Jakob geweissagt war und er mit
zwölf Söhnen die zwölf Stämme begründet hat, sollen wir erfahren, aus
welchem der König kommen werde und von welcher Art seine Ahnfrau war.
Daß das Kapitel gerade an dieser Stelle der Josephsgeschichte einge¬
schaltet ist, soll die echt prophetische Lehre geben: kaum hat die erste Knecht-

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B. Jacob: Mischehen

schaft begonnen, so wird schon der Erlöser aus der letzten geboren. Denn mit
der Hinabführung Josephs fängt die Dienstbarkeit in Ägypten an, und Perez
ist der Stammvater des Messias. Juda und Joseph bilden das Haus Israel,
dieser ist der Held der folgenden Erzählung, aber das Endheil wird von Juda
kommen. Und schon geht das Reis auf, das einst am Ende der Tage zu dem
Weltenbaum werden soll, der die ganze Menschheit in seinem Schatten und
Frieden bergen wird. Nach unsern Darlegungen über das Königtum in Edom
kann auch die Beziehung der beiden Kapitel 36 und 38 nicht mehr entgehen:
fürchte dich nicht, o Jakob, vor der Großmacht Edom mit seinen Königen
und Fürsten, aus dir wird ein Größerer geboren werden! — Zugleich nehmen
wir Abschied von Kanaan. Von jetzt ab gibt es nur Reisen und Botschaften
nach und von Ägypten. Die Abschiedsgabe Kanaans ißt — eine Tamar.
Die drei Kapitel 34, 36, 38 sind miteinander verwandt. Jedesmal handelt
es sich um eine Mischehe und Einheirat. Eine Tochter Jakobs soll einen
Kanaaniter heiraten — sie geht verloren; der Bruder Jakobs heiratet Kanaaniterinnen —, er wird ein Fremder, Esau ist Edom; eine edle Fremde
heiratet in Israel ein — sie wird die Ahnfrau seines glorreichsten Ge¬
schlechtes. Von seinen ältesten Zeiten hat das Judentum freudig Fremde
aufgenommen, die kamen, sich „unter die Fittiche des Gottes Iraels zu bergen"
und ihnen, wenn sie es verdienten, sogar eine Krone dargereicht. Es ist die
Erkenntnis, daß bei allem nationalen Selbstgefühl kein Volk, das zur Höhe
strebt, sich selber genug ist und jeden willkommen heißen muß, der sich
ihm mit dem gleichen Streben zugesellt, die Erkenntnis, daß die wahren Er¬
oberungen, deren ein Volk sich freuen und rühmen darf, die moralischen sind.

27S

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